Kabaret bis Karambol: So vielseitig ist das Wiener Kaffeehaus
Wer denkt, im Wiener Kaffeehaus treffe man sich bloß zu Kaffee und Kuchen, der hat weit gefehlt. Schließlich gilt die Wiener Institution vielen Interessengemeinschaften seit Generationen als zweites Wohnzimmer und verlängertes Spielzimmer: Philosophische Diskussionsrunden, Kartentourniere oder Münztauschen – zwischen Mokka und Apfelstrudel werden unterschiedlichste Leidenschaften praktiziert, nein, zelebriert!
Denken im Diskurs: Philosophie im Kaffeehaus
Nicht nur für Literaten war das Wiener Kaffeehaus erste Anlaufstelle, um sich zu inspirieren und auszutauschen – auch einige der bekanntesten Philosophen zählten hier zum Stammklientel: Neben Ludwig Wittgenstein sollen Berühmtheiten wie Theodor W. Adorno und Martin Buber regelmäßig im Wiener Kaffeehaus anzutreffen gewesen sein. Heutzutage spielen große Gedanken und philosophische Diskurse immer noch eine wichtige Rolle in der Wiener Gastroszene, so findet sich beispielsweise im Cafe Prückel regelmäßig
der Club der logischen Denker ein, um Ideen, Theorien und Traktate zu diskutieren. Ähnlich tiefsinnig wird es regelmäßig im Cafe Korb beim 1. Wiener Philosophen-Cafe und im Cafe Schopenhauer.
Lachen, bis man weint: Kleinkunst im Kaffeehaus
Wer sich gerne von Comedy und StandUp, von Kabarett und Kleinkunst den Tag versüßen lassen will, auch der ist natürlich im Wiener Kaffeehaus gut aufgehoben und herzlich willkommen. Mit scharfer Zunge und geschliffenen Pointen teilen sich Künstler unterschiedlichster Ausprägungen die Bühne und bilden dadurch eine unvergessliche Melange. Eine gute Adresse für Kleinkunstliebhaber ist zum Beispiel die Souterainbühne im Café Prückel, aber auch im Café Benno wird es regelmäßig lustig. Fürs kleinere Publikum hat das Cafe Schopenhauer regelmäßig Figurentheater und Mitmachkonzerte im kulturellen Angebot.
Kegeln, Karteln, Karambol: Sport im Kaffeehaus
Dass sich Sportsgeist und Gemütlichkeit nicht gegenseitig ausschließen müssen, beweist das Wiener Kaffeehaus wie kaum ein zweiter Ort: Dort trifft man sich zum Kräftemessen und Punkteschreiben, sei es beim gediegenen Tarock-Turnier, beim ruhigen Kugel-Schieben auf der Kegelbahn oder einer Runde Billard auf Wienerisch, besser bekannt als Karambol. Beliebte Austragungsorte für freundschaftliche Wettkämpfe sind das Café Weidinger (Kegeln, Karteln und Billard), das Cafe Schopenhauer (Tarock, Bridge und Schach) und das Cafe Sperl (Carambol, Kartentische und Schach).
Auswärtsmatch mit Heimvorteil
Die meisten Wettbewerbe im Kaffeehaus haben natürlich eins gemeinsam: die wohlige Atmosphäre, in der man sich wie zu Hause fühlen kann. Deswegen kommen viele altgediente Spieler oft schon seit Jahrzehnten in ihre Stammlokale, um sich dort mit Freunden und Kontrahenten ein richtig gutes Match zu liefern. Und wenn die letzte Karte des Tages gespielt wurde, die letzte Kugel gestoßen und der letzte König schachmatt gesetzt ist, dann kann man aufeinander anstoßen oder in Ruhe Zeitung lesen – genau so, wie man es am liebsten mag.