K - Magazin der Kaffeehäuser 2020 - 03

K 15 V or zwei Monaten hat die Fachgruppe der Wiener Kaffee- häuser den Slogan „Ein Kaffee kann denTag retten, zwei vielleicht das Kaf- feehaus“ ins Leben gerufen. Eine aktuelle Zwischenbilanz zeigt: Viele Gäste bleiben nach wie vor aus, hin- zu kommen neuerlich verschärfte Corona- Maßnahmen und für den bevorstehenden Winter fehlt die Aussicht auf Besserung. Im Interview. KommRWolfgang Binder, Ob- mann der Fachgruppe Wien der Kaffeehäu- ser, spricht Klartext, wie es wirklich um die Zukunft derWiener Kaffeehäuser steht. K: Können Sie die aktuelle Situation der Kaffee- häuser inWien beschreiben? Wolfgang Binder: Der ganzeWirtschaftszweig Gastronomie bricht gerade weg.Die Corona- Krise und der resultierende Shutdown haben zur rasanten Veränderung des Ausgehverhal- tens geführt, das sich in Umsatzeinbußen und ausbleibenden Gästen auch in den Kaffee- hausbetrieben niederschlägt. Derzeit sind die Steuern ab Jänner 2020 bis Jänner 2021 zwar gestundet, es ist allerdings fraglich, ob diese Unternehmen die Zahlung mit dem derzei- tigen Umsatzrückgang aufbringen können. Wenn nicht, wären die Betriebe rechtlich gesehen zahlungsunfähig, also insolvent. Ich hoffe hier sehr auf eine entsprechende Re- aktion der Bundesregierung, weitere Stun- dungen oder Ratenzahlungen etwa. K: Brachte die Zweitkaffee-Kampagne den ge- wünschten Erfolg? Binder: Steter Tropfen höhlt den Stein. Wir können es zwar nicht messen, ob deswegen mehr Kunden ins Kaffeehaus kamen, aber es ist die erhöhteAufmerksamkeit, die zählt.Das ist wichtig. Wir möchten auf unsere aktuell schwierige Situation hinweisen. K: Welche Maßnahmen der Regierung können die Gastronomie wirklich retten? Binder: Jeder einzelne Schritt hilft: Steuer- stundungen, Fixkosten-Zuschuss, Gastro- Gutschein, Mehrwertsteuersenkung, aber das grundsätzliche Problem ist, dass unsere Gäste ausbleiben. Natürlich ist dasVirus ge- fährlich, aber gerade im Kaffeehaus werden die Regeln sehr streng eingehalten, von den nochmals verschärften Hygienemaßnahmen bis zur Masken- und Registrierungspflicht. Die Kaffeehäuser sind sicher, mir ist kein einziger Fall bekannt, in dem sich ein Gast in einem Kaffeehaus mit Covid-19 ange- steckt hat. K: Und welche Maßnahmen verschlimmern die Lage sogar noch? Binder: Wenn die Kommunikation bewusst Angst schürt und den Menschen suggeriert, zu Hause zu bleiben. Man sollte wegen weniger schwarzer Schafe nicht die gesamte Branche verteufeln. Wenn wir keine Kun- den haben, brauchen wir unsere Betriebe nicht aufsperren und werden keine Um- sätze haben.Außerdem besteht ohne offene Betriebe die Gefahr, dass sich Feiern in den privaten Bereich verlagern. Das haben wir ja in der Vergangenheit gesehen. Auch der Aufruf zum Homeoffice verschlimmert die Situation der Branche. K: Wie können sich die Kaffeehäuser auf einen möglichen zweiten Lockdown vorbereiten? Binder: Gar nicht! Man kann zwar Kurzar- beit anmelden, aber ohne Umsatz sind auch rund 20 Prozent, die man bezahlen muss, nicht zu finanzieren. Nach acht Monaten gibt es keine Reserven mehr. Ein nochma- liger Lockdown wäre der wirtschaftliche Super-GAU für alle. Auch für den Handel, denn es wird kein Geld ausgegeben. K: Wie vielen Kaffeehäusern droht bis Jahresende das Aus? Binder: Ich rechne damit, dass wir bis zum Frühjahr bzw. Sommer nächsten Jahres rund ein Drittel der Kollegen verlieren werden. Grätzelcafés geht es besser, aber je näher man in Richtung Innenstadt kommt, desto schwieriger wird es.Wir haben uns alle da- rauf eingestellt und die Lokalkonzepte so angepasst, dass sie auch ohneTouristen funk- tionieren.Voraussetzung ist aber, dass uns die einheimischen Gäste die Treue halten. TEXT URSULA SCHEIDL FOTOS SABINE HAUSWIRTH Contact-Tracing, Reisewarnungen und verschäre Hygienevorschrien: Die Branche hat es in Krisenzeiten nicht leicht. WIR TROTZEN demVirus! Registrierung der G ste. „Aƒƒes, w„s den …ens†hen Si†her- heit gibt, d„mit sie wieder mehr „usgehen, hiƒft“, meint Woƒfg„ng Binder. Die Registrierung sieht er positiv. Dur†h d„s digit„ƒe Tr„†king ist der Aufw„nd sehr gering. iStock by Ge‘y Images, Sabine Hauswirth

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